Imker-Infobrief aus Freiburg, September 2016

Die originale Version des Infobriefes von Fachimkereiberater Bruno Binder-Köllhofer können Sie hier als PDF herunterladen.

Der vorliegende Infobrief gerät diesmal aufgrund der Vielfalt an Informationen etwas länger
als sonst. Deshalb vorab die Übersicht der angesprochenen Themen:

  • Aktuelle Situation
  • Was ist zu tun (allgemein)
  • Varroabehandlung / Kontrolle
  • Was tun bei Spättracht / Überwintern auf Waldhonig?
  • Waldtracht-Untersuchung (Forschungsprojekt Hohenheim)
  • Kirschessigfliege (Bekämpfung im Weinbau, Status, Informationswege, Spätsommerstandorte in Rebennähe?)
  • Links

Aktuelle Situation
In den nächsten Tagen sind wieder Temperaturen knapp unter 30 °C vorhergesagt, ideal um mit der zweiten Ameisensäurebehandlung zu beginnen. Die trockene Witterung soll weiter anhalten, so dass auf nennenswerter Nektareintrag (Läppertracht) nicht zu hoffen ist. Eingelagertes Winterfutter wird deshalb eventuell z.T. für die (Winter-) Brutaufzucht verwendet (Details nachfolgend).

Was ist zu tun (allgemein)
Neben der Varroakontrolle ist die Überprüfung ausreichender Wintervorräte im September vorrangig. Was eingefüttert wurde ist nicht zwangsläufig eingelagertes Winterfutter! Gerade in diesem Spätsommer wird auch vieles für die Brutaufzucht benötigt. Mitte, spätestens jedoch Ende September wird möglicherweise aufgrund kühler Temperaturen das Futter nicht mehr sicher abgenommen.

Futterkontrolle: Kontrollieren Sie deshalb rechtzeitig durch Wiegen, ob die erforderliche Fut- termenge in Ihren Völkern vorhanden ist. Wer das Soll-Bruttogewicht von seinen Völkern noch nicht kennt, sollte durch Ziehen aller nennenswerten Futterwaben den Futtervorrat ab- schätzen. (Eine voll verdeckelte Zanderwabe enthält ca. 2,5, eine DN-Wabe ca. 2 kg, nor- malgroße Futterkränze über der Brut werden nicht mit gerechnet (=Sicherheitszuschlag)) Anschließend ermittelt man von gut versorgten ein- und zweiräumigen Völkern das Bruttoge- wicht (Wiegen von hinten reicht) und hat somit zukünftig eigene Werte.

Varroabehandlung / Kontrolle
Die zweite Ameisensäurebehandlung sollte abgeschlossen oder umgehend begonnen werden. Das Wetter ist momentan ideal dafür (siehe Hinweise Infobrief der Bieneninstitute und mein Infobrief vom Juli, siehe untenstehender Link).

Frühestens (!) 12- 14 Tage nach Ende einer Behandlung sind alle Völker auf Befall zu kon- trollieren (Erfolgskontrolle!). Erst ab diesem Zeitraum ist schlüssig und ohne Einfluss einer vorigen Behandlung festzustellen, welche Anzahl an Milben überlebt hat. Nur wenn der Befall nach der Behandlung unter 1 Milbe/Tag, bzw. bei weniger als 1 Milbe / 50 g Bienen liegt, können Sie sicher sein, dass Ihre Völker vorerst relativ unbelastet sind.

Vorausschau Winterbehandlung, Königinnenkäfige beschaffen / herstellen (s. auch Bericht in der ADIZ 9/2016 S. 10f): In unserer Region wird auch in diesem Winter eine Brutfreiheit im Dezember nicht sicher gewährleistet sein. Diese ist jedoch erforderlich, um eine wirksame Rest-Entmilbung und damit einen guten Start in die nächste Saison zu erzielen. Auf entsprechend länger andauernde Frosttemperaturen können Sie im Bezirk Freiburg und in den angrenzenden Regionen nicht immer setzen. Deshalb meine Empfehlung*, die Brutpause manuell einzuleiten. Besorgen Sie sich dazu aus dem Imkereibedarf Käfige, in denen die Königinnen während drei Wochen eingesperrt werden und nachfolgend die Völker brutfrei sind.
Varroakontrollen sind bis zum Ende der Flugsaison im 2 bis maximal (!) 3 Wochenab-
stand durchführen!
Gute Erfahrungen (im Sommer!) liegen mit Käfigen vor, die beidseitig ein kleines Absperrgitter aufweisen und so breit wie eine Wabe sind. Diese werden im Bienensitz in eine Wabe eingepasst. Selbst gebaute Käfige, ähnlicher Bauart, dürften sich ebenfalls eignen. Ungeeignet sind jedoch normale Königinnenversand und -zusetzkäfige. Der Kontakt mit den Bienen ist darin sehr stark eingeschränkt und die lange Verweildauer führt dazu, dass Königinnen anschließend nicht mehr angenommen werden. Ein optimaler Zeitpunkt wäre, wenn zur Königinnensuche tagsüber noch passendes Wetter vorherrscht und nach drei Wochen möglichst kühles Wetter zur Behandlung vorliegt (enger Bienensitz), also möglicherweise Mitte bis Ende Oktober.

*(Diese Empfehlung ist noch nicht ausreichend erprobt, weshalb Sie die Vor- und Nachteile selbst abwägen und -wie immer(!)- in eigener Verantwortung handeln müssen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Erfahrungen mitteilen.)

Was tun bei Spättracht / Überwintern auf Waldhonig?
Von mehreren Seiten wurde mir berichtet, dass z.T. seit Mitte August an bestimmten Standorten eine späte Tracht eingetragen wird, zum Teil Melezitose, zum Teil auch Weißtanne. Bekanntermaßen überwintern die Völker auf dunklem Honig schlecht (da ballaststoffreich, bzw. nicht verwertbares Futter = Kristalle). Welche Möglichkeiten hat man?

  • Zum einen wäre, so man kann, ein Abwandern auf einen Standort ohne solche Tracht angezeigt.
  • Ausgebaute, leere Waben zurückhalten, je Volk 3 – 4, und nach Trachtende volle Futter- waben entnehmen und diese Leerwaben oberhalb des Bienensitzes geben und mit Fut- tersirup einfüttern. So haben die Völker im ausfluglosen Winter das passende Futter direkt am Wintersitz.
  • Wer weitere Völker auf Standorten ohne Trachteintrag hat, bspw. Jungvölker, sollte diese Völker als „Futterwabenerzeuger“ nutzen, diese erweitern und kräftig weiter füttern. So könnte man den Austausch von Spättrachtwaben gegen Futterwaben noch bewerkstelligen, auch wenn die Tracht noch sehr lange in den Herbst hinein andauern sollte. (Nebenbei: Bienen nutzen sich bei der Aufbereitung von Futter nicht ab!)

Keinesfalls sollte man jedoch den entsprechenden Spättrachtvölkern weitere Waben oder gar Aufsetzzargen geben – Damit fördert man nur den Sammeleifer und der Honig ist nach vorher erfolgter Milbenbehandlung und Einfütterung zudem nicht verkehrsfähig!

Waldtracht-Untersuchung (Forschungsprojekt Hohenheim)
Frau Simay Yaycioglu, von der Landesanstalt für Bienenkunde untersucht im Rahmen eines Forschungsprojektes Honigtauhonige, um Herkunft und Region mit neuen Analysemethoden genauer bestimmen zu können. Weiter interessiert das Kristallisationsverhalten von Melezito- sehonigen. Sie benötigt hierzu baden-württembergische Honige. Je Glas werden 6 € erstattet. Sofern eine E-Mail-Adresse vorliegt, wird die Leitfähigkeit und der Wassergehalt mitgeteilt. In den Vereinen sollte eine Sammelstelle eingerichtet werden, um Versandkosten zu sparen. Einsendungen erfordern bestimmte Informationen, die auf einem separaten Umfrageblatt einzutragen sind. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an:

Simay Yaycioglu,
Landesanstalt für Bienenkunde, Universität Hohenheim
August-von-Hartmann-Str. 13
70593 Stuttgart
Tel. 0711/ 459 23002
E-Mail: simay.yaycioglu@uni-hohenheim.de

Kirschessigfliege (KEF)
Status im Weinbau: Die heiße und trockene Witterung führte dazu, dass bisher noch keine allgemeine Bekämpfung erforderlich war. Dies kann jedoch jederzeit geschehen und entsprechende Aufrufe werden in Kürze erwartet. Bei rotfärbenden Frühsorten war in Einzelfällen und in bestimmten Lagen schon eine Bekämpfung angezeigt bzw. wird demnächst durchgeführt.

Mich erreichen von Imkern Anfragen, wie bspw.: „Ich habe Bienenvölker im Radius von Reben. Was soll mit den Völkern geschehen? Wie komme ich an entsprechende Informationen, wann, was und wo gespritzt wird?“

Informationswege: Großer Wert wird seitens der Weinbauberatung darauf gelegt, dass alle Informationen transparent sind. Deswegen erhält der badische Imker-Landesverband die all- gemeinen Rebschutzhinweise des Weinbauinstituts. Darüber hinaus sendet die Gebietswein- bauberatung den jeweiligen Imkervereinen (und den Mitgliedern der Bienenschutzausschüsse) ihre regionalen Weinbauhinweise zur allgemeinen Verteilung an die Imker zu.
Darin sind explizit und deutlich die Hinweise zum Bienenschutz aufgeführt, hier im Wortlaut:

Hinweise zum Bienenschutz:
Nach der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I. S.1410) dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1 (Bienengefährlich) weder an blühenden Pflanzen (bspw. blühender Unterwuchs oder in der Nachbarschaft befindliche Blütenpflanzen) noch an von Bienen beflogenen nicht blühenden Pflanzen angewandt werden. Daher sind vor einem Einsatz von B1-Mitteln die blühenden Pflanzen zu mulchen. Honigtau und beschädigte Beeren in den Weinbergen sind generell als Warnsignal zu wer- ten. Selbst wenn momentan kein Bienenflug beobachtet werden kann, besteht die Gefahr, dass dies in Kürze stattfinden kann. Die Ausbringung von B1-Mitteln sollte deshalb in diesen Fällen unterbleiben. Weiter bitten wir zu beachten, dass in den wenigen Fällen, wo Bienenstände näher als 60 Meter zu Anlagen stehen, die mit B1-Mittel behandelt werden sollen, Rücksprache mit dem Imker zu erfolgen
hat: bienengefährliche Pflanzenschutzmittel dürfen innerhalb eines Umkreises von 60 m um einen Bienenstand entweder während des täglichen Bienenfluges nur mit Zustimmung des Imkers oder außerhalb der täglichen Flugzeit eingesetzt werden. Sinnvoll ist es auch, die ortsansässigen Imker zu informieren.
Den allgemeinen Aufruf bzw. die aktuelle Situation erhalten Sie wie oben genannt bzw. mit unten stehendem Link.
In welchen Anlagen (Sorten mit roter und blauer Beerenhaut) gegen die KEF behandelt wird, erfahren Sie von den jeweiligen Bewirtschaftern bzw. den ortsansässigen Weinbauern, mit denen Sie Kontakt aufnehmen sollten.

Bitte beachten Sie: Allerorten liegen bei den Obst- und Weinbauern die „Nerven blank“, da die KEF ähnlich existenzgefährdend ist, wie für uns die Varroose (Varroamilbe+Viren). Diesen Sachverhalt sollten Sie bei der Gesprächsführung beachten, analog dem Sprichwort: „Wie man in den Wald hinein ruft, schallt es heraus“.
Risiko für Völker in Weinbaulagen?
Es sind drei Mittel zur Bekämpfung zugelassen, wovon eines (SpinTor) die Einstufung B1 (bienengefährlich) hat und deshalb nicht in Bestände mit Bienenbeflug bzw. mit blühenden Pflanzen eingesetzt werden darf.
Da erwartungsgemäß bei Behandlungsaufruf die Empfehlung lauten wird, mit SpinTor (B1, bienengefährlich) zu beginnen, wurde unter anderem auch aus diesem Grund von der Wein- bauberatung empfohlen, rechtzeitig vorher den Bodenbewuchs zu mähen, zudem der KEF die Lebensbedingungen damit erschwert wird (geringere Luftfeuchte).
Aber auch bienenungefährliche Mittel (B4) sind natürlich kein „Zuckerwasser“. Es besteht unter Imkern die Sorge, dass gerade Winterbienen, die besonders gesund und langlebig sein müssen, möglicherweise aufgrund von Kontakt zu den Mitteln dieses nicht mehr sind. Verdachtsmomente gibt es hierzu m.W. allerdings nicht. Aufgrund der empfohlenen Mittelabfolge (zuerst das bienengefährliche Mittel SpinTor, danach die bienenungefährlich eingestuften Mittel Mospilan und Karate Zeon) werden blühende Unterkulturen schon vor der ersten Be- handlung beseitigt. Bienenungefährliche Mittel dürfen jedoch auch ausgebracht werden, wenn bspw. Bienen beschädigte Beeren in den Anlagen anfliegen.

Deswegen meine Empfehlung: Verstellen Sie Ihre Bienenvölker, wenn möglich, auf Standorte außerhalb von Reblagen in der Zeit der Traubenreife bis zum Ende der Weinlese, um wenn Restrisiken auszuschließen. Örtliche Winzer können Ihnen möglicherweise Hinweise bei der Standplatzsuche außerhalb der Reben geben oder beim Verstellen behilflich sein.
Gleichwohl ist mir bewusst, dass dies in vielen Fällen (kurzfristig) nicht möglich sein wird. Nochmals möchte ich betonen, dass Bienenvölker im Umkreis von Rebanlagen keinem höheren Risiko unterliegen, als im Acker- oder Obstbau! Ein Verstellen von Völkern ist deshalb auch nicht zwingend erforderlich und in vielen Fällen vielleicht auch nicht angemessen. Dafür gibt es schließlich die Bienenschutzverordnung.

Weitere Informationen zur KEF: In einem von der Landesanstalt für Bienenkunde, Uni Ho- henheim (Dr. Wallner) begleiteten Großversuch wird dieses Jahr im badischen Weinbau überprüft, inwieweit sich die Mittelkombination „SpinTor mit Combi-Protec“ für die KEF- Bekämpfung eignet, ob diese Kombination eine Lockwirkung für Bienen hat (wird nicht erwar- tet) bzw. Rückstände im Bienenvolk entstehen. Das bienengefährliche Mittel SpinTor wird hierbei mittels des o.g. Zusatzstoffs in deutlich geringerer Menge großtropfig in die Trauben- zone ausgebracht, was für Bienenvölker in Rebennähe ein geringeres Risiko darstellen könn- te.
Interessierte können über den nachfolgenden Link die aktuellen Warnhinweise im Weinbau in den jeweiligen Regionen bzw. die allgemeinen Hinweise zur KEF aufrufen: https://www.landwirtschaft- bw.info/pb/MLR.Infodienst,Lde/Startseite/Aktuell_Startseite/Weinbau
Adressen an Bienenständen

Bringen Sie an Ihren Ständen Ihre Adresse an! So können Ihnen Unregelmäßigkeiten von Passanten gemeldet oder Landwirte bzw. Winzer mit Ihnen leichter in Kontakt treten. Kontaktdaten (Name, Telefon) gut sichtbar, mindestens A5, große zweizeilige Schrift (von weitem sichtbar!) darunter in Normalgröße die Adresse (bzw. das Wanderzeugnis in Kopie)
Ich wünsche Ihnen gesunde, starke und milbenarme Völker!

Mit freundlichen Grüßen
Bruno Binder-Köllhofer

Bruno Binder-Köllhofer
Fachberater für Imkerei
Regierungspräsidium Freiburg
Abteilung Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen Bertoldstraße 43
79098 Freiburg
Telefon: 07 61 / 2 08 – 12 85
Mobil: 01 75 / 7 24 82 00
E-Mail: bruno.binder-koellhofer@rpf.bwl.de

Sprechtag*: Dienstag von 8.30 bis 12 Uhr

*In dieser Zeit versuche ich immer telefonisch erreichbar zu sein FAX: 07 61 / 2 08 – 1399 (Bitte um Voranmeldung!)

Links:
Varroawetter: http://www.wetter-bw.de/bienen
Infobrief der Bieneninstitute: www.bienenkunde.rlp.de
Weinbauinfos: https://www.landwirtschaft- bw.info/pb/MLR.Infodienst,Lde/Startseite/Aktuell_Startseite/Weinbau (Suchbegriffe: Infodienst Pflanzenschutz Weinbau BW)